Alexander Bachmann qualifiziert für Tokio 2020

Der 6. Dezember 2019 wird Vanja Babic – Alexander Bachmanns Heimtrainer – wohl ewig im Erinnerung bleiben. Sein Gepäck für den Flug nach Moskau war schon im Flieger. Dort wollte er seinen Sportler beim Kampf um die Direktqualifikation für Tokio 2020 unterstützen. Da erreichte ihn der Anruf seiner Frau: Die Geburt der ersten Tochter stehe unmittelbar bevor, sie sei schon im Krankenhaus. Für Vanja gab es darauf nur eins: Die Koffer wieder aus dem Flugzeug holen und zurück nach Stuttgart. Doch am Ende ging alles gut: „Am 6. Dezember um 3 Uhr früh wurde unsere Tochter geboren und am selben Tag hat Alex die Olympiaqualifikation geschafft. Ich bin der glücklichste Mensch…“, meint Vanja Babic zwei Tage später.  Ein Zufall war das nicht – schon Zuhause in Stuttgart hatten Vanja und Alexander die Taktik für Moskau akribisch vorbereitet. „Am Abend vor dem Kampf bin ich dann alles nochmal am Telefon mit Georg Streif durchgegangen.“

Qualifikation trotz Verletzungspech

Allen Beteiligten war klar: Beim Grand Prix Finale in Moskau würde der deutsche Schwergewichtler seinen ersten Gegner, den Brasilianer Maicon Siequeira, schlagen müssen, um genug Punkte zu sammeln, um unter die ersten fünf des Olympischen Ranking zu kommen – und damit einen Startplatz in Tokio 2020 sicher zu haben. „Wir wussten, dass das keine leichte Aufgabe ist, immerhin war Maicon Siequeira der Sieger des vorangegangenen Grand Prix in Sofia“, erklärt Vanja. Den Kampf selbst verfolgte er im Livestream, den Stift immer in der Hand – denn die Punkteberechnungen im Olympischen Ranking sind diffizil. Als dann klar war, dass Alexander den Brasilianer besiegt hatte und zugleich sein schärfster Konkurrent Mahama Cho seinen ersten Kampf verloren hatte, war die Erleichterung riesig: Alex hatte es geschafft.

Dabei hatte der Stuttgarter Schwergewichtler noch kurz zuvor einen schlimmen Rückschlag verkraften müssen: Beim Grand Prix-Turnier in Tokio gewann er zwar seinen ersten Kampf gegen den Asienmeister aus China, verletzte sich aber im zweien Kampf gegen den Kasachen Smaiyl Duisebay schwer an der Hand. „Ich habe den Kampf gesehen und wusste, das ist gebrochen“, erinnert sich Vanja. „Unser Glück war die sehr gute Arbeit das Ärzteteams um DTU-Verbandsarzt Frank Düren schon vor Ort. Wir sind dann sofort zurückgereist nach Deutschland, wo Alex operiert wurde.“ Trotz der schweren Verletzung und den Drähten in der Hand konnte sich Alex keine Pause gönnen. Das Training im Heimatverein Taekwondo Center Stuttgart musste sofort weiterlaufen – alle Sparringspartner wussten Bescheid und stellten ich auf die Situation ein. Beim G4 Special Tournament in Bari dann musste Alex antreten und konnte sie Silbermedaille erringen. „Im Finale haben wir Alex aus dem Turnier genommen. Hätte er das Finale gewonnen, hätte er die Qualifikation in der Tasche gehabt. Aber das Risiko war einfach zu groß.“ Auf dem Heimtrainer lastete eine enorme Verantwortung „Alex hat tolle Eltern, die hundertprozentig hinter ihm stehen. Aber als sein Mutter zu mir gekommen ist und meinte, wenn ich sage, er kann kämpfen, dann akzeptiert sie das, war das eine große Gewissensfrage für mich als Trainer.“

Bereit für Tokio
Umso glücklicher sind Trainer und Sportler jetzt. „Wir haben alles richtig gemacht“, bringt es Vanja auf den Punkt. „Betonen möchte ich dabei auch die große Rolle, welche die Deutsche Taekwondo Union bei diesem Erfolg gespielt hat. Die DTU hat uns in allen Bereichen geholfen und ich kann den Verantwortlichen  gar nicht genug danken. Großer Dank gebührt außerdem Wolfgang Brückel von der TUBW und natürlich Alexanders Eltern, seiner Frau Rabia und den Sparringspartnern im Verein. Alle haben auch in schweren Phasen durchgehalten und mitgewirkt. Als Trainer wollte ich unbedingt vermeiden, dass Alex beim europäischen Qualifikationsturnier antreten muss. Ich habe als Sportler selbst zweimal daran teilgenommen und weiß, was das heißt.“ Wie die nächsten Monate bis zum den Spielen in Tokio verlaufen, ist momentan noch offen. „Es gilt jetzt abzuwägen was besser ist: Mehr Punkte für das Ranking zu holen oder sich besser auf die taktische Vorbereitung zu konzentrieren und die Verletzungsgefahr bei Turnieren zu vermeiden. Das lässt sich nicht pauschal entscheiden, weil es zum Beispiel auch abhängig ist von den anderen Sportlern in Alex Gewichtsklasse und deren Rankingpositionen“, erklärt Vanja. Tokio blickt er positiv entgegen: „Alex große Stärke ist, dass er sehr ruhig ist und immer mit einem Lächeln in den Kampf geht. Die beeindruckende Kulisse in Tokio wird ihm deshalb auch bei seinem ersten Olympiaauftritt nichts anhaben. In Tokio ist alles möglich, da bin ich mir ganz sicher.“


Alexander Bachmann:

„Ich bin unglaublich froh, dass ich die Direktqualifikation geschafft habe. Noch kann ich es nicht ganz realisieren. In Moskau wollte ich von der Rechnerei und den Rankingpunkten nichts wissen. Ich habe mich voll auf die Kämpfe konzentriert.  Für mich ist jetzt ganz klar, dass ich in Tokio nicht nur dabei sein möchte. Ich habe schon bewiesen, dass ich die meisten Sportler in meiner Gewichtsklasse schlagen kann, deshalb bin ich sehr optimistisch. Meine Verletzung habe ich mittlerweile gut verkraftet. Demnächst kommen die Drähte raus. Über Weihnachten und Silvester möchte ich mich mir meiner Frau Rabia zusammen ein bisschen erholen. Ich war ja so viel unterwegs im letzten Jahr. Dann geht es weiter!“



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